Australien entschuldigt sich bei Heimkindern (Allgemein)
Sydney (ph) - Eine halbe Million Kinder sind in australischen Heimen und Waisenhäusern jahrzehntelang vernachlässigt und teils missbraucht worden. Am Montag entschuldigte sich Premierminister Kevin Rudd bei den Opfern formell.
Er richtete sich insbesondere an Tausende, die zwischen 1947 und 1967 aus armen und kaputten Familien in Großbritannien gerissen und nach Australien verfrachtet worden waren. Vielen wurde vorgemacht, ihre Eltern seien tot. Geschwister wurden getrennt. Rudd hatte sich im Namen der Regierung im vergangenen Jahr bereits bei den Ureinwohnern entschuldigt, die als Kinder über Jahrzehnte aus ihren Familien gerissen und zwangsweise in Heimen untergebracht worden waren.
«Wir entschuldigen uns für die Tragödie», sagte Rudd vor mehr als 1000 Opfern im Parlament. «Euch sind die Familien weggenommen worden und das Heimatland, und ihr seid nicht als unschuldige Kinder, sondern als billige Arbeitskräfte betrachtet worden», sagte Rudd. «Wir räumen die Lügen ein, die euch und euren Müttern und Vätern erzählt wurden, und den Schmerz, den diese Lügen euer Leben lang verursacht haben.» Die Opfer im Zuschauerraum weinten und klatschten.
Unter ihnen war Saundra Chapman (70), die 1947 in Melbourne in ein Heim eingewiesen wurde. «Es war ein Höllenloch, der brutalste Platz auf der Welt», sagte sie. Sie habe jahrelang unter den Folgen der Erfahrung gelitten. Besser erging es David Hill, der zusammen mit seinem Zwillingsbruder im Alter von zwölf aus Großbritannien nach Australien verschifft worden war. Er wurde später Chef des nationalen Rundfunks ABC. «Das zeigt doch, was für ein fantastisches Land Australien trotz aller Fehler ist», meinte er.
Opfer-Verbände haben finanzielle Entschädigung gefordert, doch hat die Regierung dies ausgeschlossen. Nach Australien will sich auch Großbritannien jetzt bei den abgeschobenen Kindern entschuldigen. Die Behörden schoben über Jahrzehnte mehr als 150 000 Kinder aus schwierigen Elternhäusern in die ehemaligen Kolonien ab. Die Kinder sind heute als «Waisen des Empires» bekannt. ph