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Lokalausgabe KStA Seite 33: Fluch und Segen in Sülz (Presseberichte)

hütchen @, köln, Donnerstag, 26.04.2018, 18:06 (vor 2401 Tagen)

heute stand im ksta der artikel über die steinlegung am 20.04..
(er wurde mir als e-paper gesendet, ich hole den scan der (papier)zeitung nach)

http://dum-ksa-production-api.twipecloud.net/shared/?url=https%3A%2F%2Fepages.ksta.de%2...

falls jemand da nichts lesen kann (aus welchem grund auch immer) aber möchte, hier noch mal der text:
KINDERHEIMGELÄNDE Findlinge erinnern an das einst größte Waisenhaus Europas
Sülz. Geblieben sind eine verrostete Schere und ein Brief. Zeugnisse einer speziellen Kindheit, der von Peter Halberkann. Er legt sie in eine kupferne Zeitkapsel und vergräbt sie in der Erde. Dann hievt ein Kran einen riesigen Stein darauf. "Henry", so der Name des Findlings, ist nun mit zwei Artgenossen auf dem Gelände des ehemaligen Kinderheims am Sülzgürtel zuhause. "Berta" steht in seiner Nähe, die große "Jane" auf dem Platz an der Neuenhöfer Allee. Die bis zu 18 Tonnen schweren Klumpen aus einem süddeutschen Steinbruch bilden ein Kunstwerk des Künstlerarchitekten-Duos Osa, das sie im Auftrag des Fördervereins Erinnerungsort Kinderheimgelände kreiert haben. Sie sollen ein Zeichen sein, dass auf dem Areal einst Europas größtes Waisenhaus stand - 22 500 Heimkinder wurden auf dem Gelände groß. 2010 wich das Gebäude-Ensemble einem Neubaugebiet. Die jungen Bewohner zogen in kleinere familiäre Wohneinheiten.
Für viele ehemalige Heimkinder war es ein Schock, als der Ort ihrer Kindheit dem Erdboden gleich gemacht wurde, obwohl so manche schlimme Erinnerungen mit ihm verbinden. Ein ehemaliges Heimkind fasste die widersprüchlichen Gefühle auf einer der letzten verbliebenen Mauern vor dem Abriss mit einer Graffiti-Zeile zusammen: "1914 bis 2009. Segen und Fluch. Meinen Dank den Aufrichtigen und den Liebenden! Den anderen das jüngste Gericht und die Gnade der Gedemütigten und Zerbrochenen. Für uns selbst Mut und Frieden." Die eindrücklichen Zeilen werden bald als Inschrift einer Steinbank wieder auf dem Gelände zu lesen sein, Auch die Findlinge werden noch Inschriften zu Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Geländes erhalten. Anlässlich der Ankunft von Henry, Berta und Jane erzählen die Ehemaligen von Kindheitserlebnissen - beispielsweise von rostigen Scheren und gefühllosen Briefen, wie Peter Halberkann. "Die Schere symbolisiert die Gewalt, die ich hier erlebt habe", sagt das Fördervereinsmitglied. "Eine der Nonnen, die uns unterrichtete, hatte sie immer in der Hand. Mit dieser hackte sie eines Abends aus Wut über meinen Bruder auf sein Buch ein. Glücklicherweise traf sie nicht seine Hand."
Halberkann lebte 1961 bis 1966 im Heim. Er hatte eine Mutter, die sich leider nicht um ihre Kinder kümmern konnte. Er erzählte ihr von dem Vorfall. Seine Mutter beschwerte sich beim damaligen Oberstadtdirektor Heinz Mohnen, der den Vorwürfen nachging, Zeugen befragen ließ und zu dem Ergebnis kam, dass sie nicht begründet waren. Aus seinem Antwortschreiben zitiert Halberkann. "Abgesehen davon, dass der Wert von Kinderaussagen grundsätzlich sehr zweifelhaft ist... erwarte ich daher, dass Sie sich bei der Schwester in geeigneter Weise entschuldigen."
Halberkann ist der Meinung: "Dass dieser Platz, auf dem wir heute stehen, Heinz-Mohnen-Platz heißt, also nach einem Mann benannt ist, der Heimkindern ihre Glaubwürdigkeit aberkannt hat, erscheint mir als Ehemaligem recht sinnfrei." Er wolle den Verdienst von Mohnen im Hinblick auf den Aufbau der Stadt nicht in Abrede stellen. Doch es gäbe sicherlich geeignetere Orte in Köln, um seines Wirkens zu gedenken. Daher fordert Halberkann: "Ich bin dafür, dass der Platz in Platz der Kinderrechte umbenannt wird."
Andere ehemalige Heimbewohner erzählen von einer guten Kindheit an diesem Ort, wie Fördervereinsmitglied Monika Hut, die ein wenig später als Halberkann dort lebte. "Ich wurde beschützt, unterstützt und gelenkt. Ich fühlte mich gemocht und respektiert", sagt sie.
So unterschiedlich die Erinnerungen auch sind, für sie gibt es nun einen gemeinsamen Ort. Künstlerin Anja Olinger von Osa betont: "Die Findlinge wenden sich an ehemalige, heutige und zukünftige Bewohner, mit der Botschaft, dass dieser Ort immer noch der Ort ihre Kindheit ist und für immer bleiben wird."
Meinen Dank den Aufrichtigen und den Liebenden! Den anderen das jüngste Gericht und die Gnade der Gedemütigten (Graffiti-Spruch)
Ich wurde beschützt, unterstützt und gelenkt (Monika Hut)

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Langzeitstudentin der Toleranz!

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