Eure Geschichte erzählen (Förderverein Erinnerungsorte Kinderheimgelände Köln Sülz)
Liebe Ehemalige,
bevor ich mich in eurem Forum angemeldet habe, habe ich zuvor mir Herrn Koch gesprochen, ob ich als "Externe" überhaupt ein Rederecht habe. Ich habe großen Respekt vor eurem Austausch in diesem Forum und bin auch überrascht darüber, dass es so frei zugänglich ist. Aber somit haben eben auch Außenstehende die Möglichkeit, ein wenig von eurem Leben als Heimkinder zu erfahren. Ich will dieses Forum nutzen, um euch einzuladen, euch an unserem Projekt Erinnerungsorte zu beteiligen. hütchen hat euch sehr ausführlich über alles im Förderverein Erinnerungsorte Kinderheim-Sülz e.V. auf dem Laufenden gehalten. Jetzt kommt das Projekt in eine Phase, in der eine engagierte Mitarbeit von euch sehr wichtig ist.
Am 1.-Mai-Wochenende kommt eine Gruppe von Studenten der Alanus Hochschule aus Alfter auf das Gelände und wird in einem Workshop über mehrere Tage an der Konzeptentwicklung für die Erinnerungsorte arbeiten. Für die Studenten ist es wichtig, nicht nur die Atmosphäre vor Ort aufzunehmen, die ja schon komplett anders ist, als ihr das von früher kennt, sondern auch mit Ehemaligen sprechen zu können, um sich eine Vorstellung von dem Leben im Kinderheim machen zu können. Wir haben ihnen bereits die Chronik von Herrn Koch gegeben, aber nichts ist eindrucksvoller als die lebendige Schilderung der eigenen Geschichte im direkten Gespräch. Sicherlich werden die Studenten auch viele Fragen haben, die wir, die das Kinderheim nur von außen kennen, nicht beantworten können. In meinem Fall muss ich sogar sagen, dass ich ab 1999 täglich auf dem Gelände war, weil meine beiden Kinder dort in der städtischen Kindertagesstätte betreut wurden. Aber obwohl wir Kindern und Jugendlichen begegneten, gab es nie einen Austausch oder Berührungspunkte.
Uns, den Vereinsmitgliedern, ist es sehr wichtig, dass die Ehemaligen ihre Geschichte erzählen können, denn auf dieser Grundlage werden die Studenten ihre Konzepte entwickeln. Ich habe gelesen, dass Werner1960 keine Mahntafel will.
Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass die Studenten überhaupt an so etwas wie eine Mahntafel denken, aber egal was sie entwickeln werden, wird es mit dem Ziel erstellt werden, die Geschichte der ehemaligen Heimkinder zu würdigen, an die Geschichte des Kinderheims zu erinnern und den Bewohner in den neuen Gebäuden die Geschichte des Geländes bewusst zu machen.
Sicherlich könnte man sagen, die Kirche, die stehen bleibt, ist schon Mahnmal genug, dann noch eine Informationstafel dazu und fertig. Die Kirche wird eine neue Nutzung erfahren, das Umfeld der Kirche wird sich noch stark verändern – und die Erinnerungen werden verblassen. Auch wenn viele Ehemaligen lieber vergessen als erinnern wollen, für viele ist es wichtig, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. Und für manche ist es auch heilsam, endlich ihre Geschichte erzählen zu können. Dafür wollen wir die Erinnerungsorte aufbauen und, wenn das möglich ist, regelmäßige Führungen der Ehemaligen auf dem Gelände organisieren. Warum ist es wichtig, an eure Geschichten zu erinnern? Bernd hat das sehr gut in seinem Beitrag begründet.
Für uns alle ist es wichtig zu wissen, wie schwerwiegend die Verletzungen durch den Heimaufenthalt sind. Ich spiele dabei nicht auf Missbrauch oder Misshandlungen an. Die Tatsache an sich, nicht in einer intakten Familie mit Vater und Mutter aufwachsen zu können, sich als geliebtes und gewolltes Kind fühlen zu können, ist schon Trauma genug. Liebe und Zuneigung haben euch gefehlt, egal wie fürsorglich die Erzieherinnen und Betreuer waren, das habe ich aus euren Berichten herausgelesen. Mit diesen Erinnerungen können wir auch dazu beitragen, dass die Betreuung der Kinder, die nicht in ihrer Familie aufwachsen können, immer besser wird. Und vielleicht ist das auch ein Weg für Ehemalige ihr eigenes Traum zu überwinden, in dem sie anderen helfen, wie ikarus das vorgeschlagen hatte: "Wie wäre es, ein kleines Projekt zu starten, das heutigen Heimkindern hilft? Oder Kindern im Krankenhaus die lange Zeit dort verbringen müssen?"
Ich würde mich sehr freuen, wenn einige von euch den Mut und die Kraft aufbringen, sich in dem Projekt zu engagieren und mit den Studenten zu sprechen. Ihr könnt euch gerne an mich wenden oder hütchen, wir beide kennen uns von der Vereinsarbeit. Über Herrn Koch oder Klaus Grube könnt ihr ebenfalls mehr über mich und den Verein erfahren und Kontakt aufnehmen. Wer spontan Lust und Zeit hat, ist herzlich zu unserer kleinen Vereinsfeier am 17. April ab 17 Uhr im Gemeinschaftsraum der Baugruppe in der Münstereifeler Str. 81 eingeladen.
Kathy Ziegler