Daggi1974 Zeit in Sülz und damals (Allgemein)
Hallo Daggi,
wie du ins Heim gekommen bist habe ich bereits meine Kariere in diesem Kinderheim beendet. Wie ich sehe warst du in der Gruppe von Franz Ocklenburg der ja leider vor 2 Jahren an Krebs verstorben ist. Jedenfalls durfte ich Ihn am Anfang seiner Beruflichen Laufbahn noch kurz kennen lernen. Das war 1978 bei Gruppe Virnich.
Du warst nur 8 Jahre dort. Ich durfte die Führsorge volle 23 Jahre, also von 1960 bis 1983, genissen. Leider war unsere Zeit etwas anders als deine. Auch die Gründe uns als kleine Würmchen dem Heimschicksal zu überlassen waren damals andere als zu deiner Zeit.
Nonnen, Kirche, Weltliche Monster und die liebe Fürsorge gepaart mit Zucht und Ordnung so wie die dazugehörige Doppelmoral bestimmten unseren Altag im Heim, was oft kein Zuckerschlecken war.
Die Doppelmoral zu unserer Zeit (Ironisch aufbereitet und galt bis 1973)
- Die damaligen Schläge ob sie im Namen des Herrn kamen oder von weltlichen Erzieherinnen (Die selten eine solche Ausbildung inne hatten) kann ich heute im Täglichen Leben noch immer nicht sinnvoll Anwenden. Die Strafprozessordnung hätte etwas dagegen und ich würde belangt werden im Gegensatz zu den damaligen Obrigkeiten, die es offenbar immer durften. Schlisslich waren wir von Geburt an extrem Böse so wie Verkommen und Verdorben, dass jeder Schlag gerechtfertigt war und der Erziehung und uns gut tat. Ich habe bis heute nie efahren dürfen was Schläge bringen.
- Übrigens waren damals alle im Heim lebende Kinder grosse Sünder. Wie sonst kann ich mir es erklären, wieso wir jeden Samstag Beichten gehen mussten. Da kann ich nur immer wieder Feststellen das die Obrigen uns nicht auf dem Pfad der Tugend brachten und schlichtweg versagten. Nur so ließe sich unsere Sünden erklären. Wie immer diese 10 Gebote für uns Sünder zu verstehen waren- ich verstand diese Gebote nie. Aber eine gute Vorlage fürs Leben wie man es nicht machen sollte, brachte man uns schon sehr früh bei .
1 Du sollt keine anderen Götter haben neben mir
2 Du sollst den Namen des Herrn nicht missbrauchen
3 Du sollst den Feiertag heiligen
4 Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren
5 Du sollst nicht töten
6 Du sollst nicht ehebrechen
7 Du sollst nicht stehlen
8 Du sollst nicht falsch Zeugnis reden ...
9 Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib
10 Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus
Puh und das zwischen meinen 7 und 13 Lebensjahren - 50x im jahr und das Jahr für jahr....
Lieber Pastor mit 10 Jahren habe ich gelogen, betrogen , getötet die Ehe gebrochen und mein Weib betr.... ähm wie bitte?
- In zweierreihen spazieren gehen, war die reinste Freude für uns. Damit auch ja keiner aus der Reihe Tanzte ging die Verantwortungsbewusste Erzieherin immer schön hinter uns. Und was machten die Bürger die uns sahen... Spielt nicht mit dem Schmudelkind, fragt nicht danach und macht bloss einen großen Bogen um uns. Die Gesellchaft übte sich in wegsehen und wir haben uns all dies nie anmerken lassen, wie sehr uns die Gesellschaft mochte.
- Zu aller Freude gingen wir natürlich jeden Sonntag gerne in die Heilige Messe. Nur wenn wir uns dabei vom lieben Taschengeld (Gelder der Stadt Köln) trennen mussten, um der armen Kirche etwas in den Opferstock zu geben, betete ich um mehr Taschengeld oder etwas weniger Sonntagskirche. Der da oben hat meine Gebete in der Heiligen Messe leider nie erhört. Entweder habe ich vom Herrn zu viel verlangt oder die Kirche benötigte dringender das Geld als ich.
Immerhin kam an 52 Messen im Jahr/50 Pfennige- eine Summe von 26 DM pro Kind in den Opferstock. Wieviel Kinder gingen jeden Sonntag in die Messe?
Jedenfalls lernte ich so die Betriebswirtschaftlichen Subventionen der Kirche kennen und merkte bald, dass dies kein lohnendes Investition für mich war.
- Na, freuen wir uns nicht auch wenn jemand Geburtstag hat. Klar, dass musste gefeiert werden. Allerdings vom restlichen Taschengeld. Denn irgendwo mussten ja die Geschenke her... Wir taten es ungefragt gerne.
- Und jahrzehnte danach? Macht nix wenn du nicht in der Gesellschaft so richtig klar kommst, oder nachts Albträume hast oder heute immer noch unfähig bist Kontaktnähe zu pflegen. War doch alles harmlos und seh dich an... - aus dir ist doch was geworden - Dank jahrelanger Führsorge und kirchlichem Verständnis und der Doppelmoral.
Diese Form von erzieherischen "Genuß" durfte dir ja erspart geblieben sein.
Den zu Franz`s Zeiten herschte eine moderne Pädagogik die es ermöglichte Heimkinder besser auf das Leben vorzubereiten als zu jener Zeit bei uns.
Wenn du magst, Berichte uns wie es bei dir war. Warum kamst du ins Heim und was machst du heute so?
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Es gibt immer einen Weg zu uns allen - wir müssen es nur wollen
Mit lieben Grüßen euer Klaus
Internet: http://www.kinderheim-Koeln-suelz.de
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