Anliegen, Ziele und Maßnahmen des FEKS (Förderverein Erinnerungsorte Kinderheimgelände Köln Sülz)
gestern kam bei mir ein dokument des FEKS an, welches das anliegen, die ziele und die maßnahmen zum erreichen dieser ziele beschreibt. hier für euch das gesamte, nur minimalst von mir veränderte, dokument.
Ziele und Anliegen des Vereins
Der Förderverein wurde gegründet, um Orte im Neubauquartier auf dem ehemaligen Kinderheimgelände in Köln-Sülz zu gestalten, die für die früher und auch für die heute hier lebenden Kölner die Erinnerung an diesen vielschichtigen Ort und seine stadtkulturelle Bedeutung wie auch an viele persönliche Erlebnisse sichtbar zu machen. Dabei können durch diese Erinnerungsorte Fundstücke aus der Kinderheimzeit neu in Wert gesetzt gleichzeitig für Bewohner, Ehemalige und Passanten zwischen Alt-Sülz und dem Beethovenpark neue Orte des Verweilens und der Reflexion stadtkultureller Zusammenhänge geschaffen werden.
Sowohl für die ehemaligen Heimbewohner und die im Kinderheim Beschäftigten wie auch für die Anwohner und die Neubewohner war die Zeit der Auflassung der alten Gebäude, ihrer Zerstörung und Beseitigung wie die Phase des Neubaus von Häusern gehobener Bauqualität eine Zeit vieler Überraschungen, auch schmerzhafter. Für ganz Sülz war die Schließung der Räume mit ehemals auch öffentlichen Nutzungen (Kirche, Saal und Nebenräume im Erdgeschoss, Schule, Garten) ebenfalls ein Verlust. Bei der Eröffnung der neuen Räumlichkeiten von Kids an der Aachener Straße und der Ausstellung über die Geschichte des Sülzer Kinderheims und seiner stadtkulturellen Umgebung wurde deutlich artikuliert, dass manche Kölner einen Erinnerungsort vermissen, der für die frühere Geschichte dieses Standortes und die Erlebnisse der dort Wohnenden und Arbeitenden und für die Erinnerungen vieler steht, positiv wie negativ. Einige Besucher bezogen sich explizit auf eine inzwischen verschwundene Wandinschrift, die dies deutlich zum Ausdruck brachte und die wiederhergestellt werden sollte (Dokumentation „Geschichte des Sülzer Kinderheims 1917 – 2012 – Vom Kölner Waisenhaus, Stadt Köln, 2013, S. 25).
Nach dieser Veranstaltung trafen sich einige Besucher und später weitere Bewohner des Neubauquartiers und gründeten im Oktober 2013 den Förderverein Erinnerungsorte Kinderheim Köln-Sülz e.V., der inzwischen 35 Mitglieder hat und vom Finanzamt Köln als gemeinnützig anerkannt wurde. Er hat sich ausschließlich zum Ziel gesetzt, Orte des Erinnerns und Verweilens im Neubauquartier auf der ehemaligen Kinderheimfläche zu schaffen und dabei möglichst viele der ehemaligen und der neuen Bewohner sowie der Investoren bzw. Wohnungseigentümer zu beteiligen. Inzwischen wurde deutlich, dass auch langjährigen Anwohnern die Bewahrung der stadtkulturellen Informationen und „Fundstücke“ sowie die angemessene Gestaltung von Verweilorten im Neubaugelände ein Anliegen ist, ggfs. kombiniert mit Informationen über die Geschichte des Stadtteils und seine künftige Funktion im größeren Stadtbereich.
Ziel der Vereinsaktivitäten ist es nun, konkrete Vorschläge für die Gestaltung eines oder mehrerer Erinnerungsorte im Kontext der neuen Platz- und Wegegestaltung zu entwickeln, die Finanzierbarkeit der Realisierung und die Unterstützung der Grundstückseigentümer zu erreichen und die Fragen zu Aufbau und Unterhaltung der Objekte zu klären. Darum bemühen sich der 6-köpfige Vorstand, in dem ehemalige und derzeitige Bewohner des Geländes zusammenwirken, sowie Aktive Vereinsmitglieder in projektbezogenen Arbeitsgruppen.
Workshop v. 11.01.2014
Bereits in der konstituierenden Sitzung des Fördervereins wurde klar, dass die Auseinandersetzung mit der Geschichte des Ortes und den zu definierenden Zielen des Vereins, einen äußerst komplexen Sachverhalt darstellt. Aus diesem Grunde ist die Idee eines Workshops direkt am Anfang des Jahres in die Tat umgesetzt worden. In diesem Workshop haben sich einzelne Bereich herauskristallisiert, die wiederum in einzelnen Arbeitsgemeinschaften erarbeitet wurden und hier wie folgt zusammengefasst sind:
AG Thema Familie/Standortgemeinschaft: Kinderheim, Bürgerschaft und neue Generationsstruktur
Familie
Die Assoziationen zu „Familie“ waren durchaus unterschiedlich und zeigten die Vielfalt von Vorstellungen, was Familie eigentlich ist (bzw. sein sollte). Fragen nach der Relevanz von Familie für den/die Einzelne/n, oder ob es möglich ist, sich von seiner Familie zu trennen, gaben Anlass zur Diskussion. Weitere Begriffe, die in diesem Zusammenhang genannt wurden, waren „soziale Beziehungen“, „Zusammenhalt“ und „Begegnung“.
Ein möglicher Ansatzpunkt für das Thema „Familie“ ist der Name der Kirche „zur heiligen Familie“ auf dem Gelände. Außerdem wurde auf die vielen Familien verwiesen, die nun auf dem Gelände wohnen (allerdings stellt sich die Frage, was mit denen ist, die nicht als „klassische Familien“ oder mit anderen zusammen, sondern alleine in einer Wohnung auf dem Gelände wohnen. Fühlen sie sich angesprochen?).
Quartier
Der Begriff „Quartier“ verweist auf die Einbindung des frühere Kinderheims und des heutigen Wohngebiets in den Stadtteil Sülz bzw. in die Stadt Köln. Betont wurden die vielfältigen Beziehungen zwischen dem Gelände und dem Stadtteil, z.B. durch die Pfadfinder, Sportvereine, den jüdischen Kindergarten, Anwohner usw. Trotz der klaren Begrenzung durch die ehemalige Steinmauer des Kinderheims wurden die vielen Veränderungen auf dem Gelände immer auch als bedeutsam für Sülz angesehen. Das Kinderheim und sein Gelände wurden durchaus als eine Einheit wahrgenommen, allerdings bestanden immer auch vielfältige Beziehungen nach „außen“. Neben der Einbindung in den Stadtteil könnte über den Quartiers-Begriff zudem die Bedeutung des Kinderheims für die Stadt Köln aufgegriffen werden.
Überlegungen zur Struktur/Anordnung der Erinnerungsorte
Zudem wurde überlegt, wie ggf. mehrere Erinnerungsorte miteinander verknüpft werden könnten. Es entstand die Idee eines Weges oder einer Route, der bzw. die über das Gelände führt (und ggf. auch darüber hinaus den Sülzgürtel und den Beethovenpark miteinschließt). Auf diese Weise besteht die Möglichkeit, die Erinnerungsorte individuell zu nutzen: Die Route könnte ganz abgegangen werden oder es könnten einzelne „Stationen“ angegangen werden.
Die einzelnen Erinnerungsorte könnten durchaus unterschiedliche Funktionen aufweisen. Während beispielsweise Informationstafeln Auskunft über die lange Geschichte des Geländes geben könnten, würde die mögliche Wiedererrichtung von Objekten (am alten Platz) die Möglichkeit des Erinnerns, Nachdenkens, Verweilens (ideal wären Sitzgelegenheiten in der Nähe) bieten. Auf diese Weise könnte neben einem kognitiven Zugang mit dem Ziel der Wissensvermittlung (eher für Personen, die zuvor keinen Bezug zum Kinderheim oder Gelände haben) auch ein emotionaler Zugang zur (eigenen) Vergangenheit (insbesondere für Personen, die das Kinderheim gekannt und dort gewohnt haben) geboten werden.
AG Thema Schautafeln, Stelen, „Einplanung der Relikte“
Die Umsetzung der einzelnen Elemente ist vom Verein in einigen Fällen bewusst noch nicht konkret definiert. Zum einen soll zum jetzigen Zeitpunkt eine möglichst große Flexibilität bezüglich der Planungen seitens Stadt und möglichen Partnern bewahrt werden. Zum anderen will der Verein sich die Möglichkeit offen lassen, kreative übergreifende Entwurfs-Ideen durch ein Hochschul-Projekt zu generieren.
„Kinderheim“
• Bremer Stadtmusikanten – Die Plastik mit den Stadtmusikanten ist momentan auf dem Grundstück des ehemaligen Waisenhauses im Keller einer Baugruppe eingelagert. Sie befindet sich in gutem Zustand und ist verfügbar. Als Platzierung befürwortet die AG den Bereich vor der Kirche, wo die Plastik ursprünglich auch stand.
• Grafittitext – Der Text wurde kurz vor Abriss der Kinderheim-Gebäude 2009 von einem ehemaligen Waisen auf eine Aussenwand gesprayt. Von den ehemaligen Waisen und der AG ist es ein grosses Anliegen, diesen Spruch vor Ort zu materialisieren. In welcher Form dies geschehen soll, ist noch offen.
• Information – Um die Erinnerungselemente zu erläutern und die Geschichte des ehemaligen Kinderheims nachvollziehbar machen zu können, sind Informationen notwendig. Wünschenswert sind attraktiv gestaltete Informationsträger (Stelen, Tafeln, etc.).
• Elemente zum Verweilen – Um die Möglichkeit zu Erinnerung und Austausch zu schaffen, soll der Erinnerungsort dementsprechende Elemente aufweisen (Bäume, Bänke, etc.).
„Kinderheim im Quartier“
• Information – Ergänzend zu der Geschichte des ehemaligen Kinderheims soll hier über die architektonische und städtebauliche Bedeutung des Areals im Quartier informiert werden.
• Beleuchtung des Kirchturms – Um die städtebauliche Bedeutung des Kirchturms für das Quartier zu unterstreichen, wäre es denkbar, diesen zu bestimmten Tages- oder Nachtzeiten zu beleuchten.
• Elemente zum Verweilen – Um die Möglichkeit zu Erinnerung und Austausch zu schaffen, soll der Erinnerungsort dementsprechende Elemente aufweisen (Bäume, Bänke, etc.).
Weitere möglicherweise im Aussenraum einsetzbare Elemente
• Spielskulpturen Löwe und Stier – Diese Skulpturen befinden sich im Garten einer Baugruppe, ihre Verfügbarkeit müsste zunächst geklärt werden.
• Darstellung der 22000 Namen der ehemaligen Heimkinder. Die Datei befindet sich bei der Kinder- und Jugendpädagogische Einrichtung der Stadt Köln (KidS).
Weitere möglicherweise in einem Innenraum einsetzbare Elemente
• Modell des Kinderheims – Das alte Holzmodell des Kinderheims existiert nicht mehr, könnte aber nachgebaut werden. Aussagekräftig wäre der bauliche Zustand vor dem Zweiten Weltkrieg.
• Slote-Zeichnung – Die Zeichnung mit der Heiligen Familie befindet sich vorübergehend im Kindergarten „Sülzbande“.
• Gitterbettchen – Die noch vorhandenen Gitterbettchen befinden sich in der Kinder- und Jugendpädagogische Einrichtung der Stadt Köln (KidS).
Weitere Elemente, die wünschenswerter Weise erhalten werden sollten:
- Mosaik im Elisabethhaus – Dieses Mosaik befindet sich im Treppenhaus des Elisabethhauses und soll, wenn möglich, in Absprache mit der GWG erhalten werden.
- Altes Glasfenster – Dieses Glasfenster ist zurzeit bei dem Architekten Lukcak eingelagert. Wenn möglich, soll es in Absprache mit der GWG wieder einen Einsatzort im Innenraum finden.
Unsere Ideen zur Realisierung der Vorschläge
Die Anregung zur Vereinsgründung kam von Kids, der kinderpädagogischen Einrichtung der Stadt, die für den Betrieb des alten Kinderheims Sülz zuständig war, die Dokumentationen zu dieser Zeit erstellt hat und unsere Bemühungen unterstützt. Der Vereinsvorstand stellt sich derzeit (Frühjahr 2014) den möglichen Realisierungsweg so vor:
Schritt 1: Gründung eines Trägers für Planungs- und evtl. auch Gestaltungsmaßnahmen, der rechnungslegender gemeinnütziger Partner sein kann von Förderern und Vertretern berechtigter Interessen (Grundstückseigentümer, politische Gremien wie Bezirksvertretung, Rechteinhabern, Planungspartnern). Dieser Schritt erfolgte inzwischen mit Gründung und Aufbau des Fördervereins.
Schritt 2: Sicherung und Dokumentation der „Fundstücke“ aus der Kinderheimzeit, sowie der Informationen über die hier stattgefundenen stadtkulturellen Aktivitäten. Hierzu gehören wohl auch Informationen zu aus heutiger Sicht problematischen Vorkommnissen und Verhaltensweisen Verantwortlicher in der Nazi- und Nachkriegszeit, sowie die Erinnerung an die bürgerschaftliche Bedeutung der ( nun entwidmeten) Kirche mit ihren Versammlungsräumen. Diesem Schritt 2 soll die hiermit vorgelegte Broschüre dienen.
Schritt 3: Kontaktaufnahme mit Künstlern und Planern hinsichtlich der Konzipierung von Verweil- bzw. Erinnerungsorten oder Informationswegen sowie ggfs. mit den Inhabern von Rechten aus sog. Fundstücken (z.B. bunte Glasfenster). Dabei ist an Kooperationen mit dem Hauptbetroffenen Grundstückseigentümer, der Sülzer Wohnungsbaugenossenschaft GWG, sowie mit kreativen Partnern, z.B. aus der Fachhochschule, gedacht. Derzeit bemüht sich der Vorstand um den Aufbau entsprechender Kontakte.
Schritt 4: Erarbeitung konkreter Entwürfe für Gestaltungslösungen und Schätzung der bei Realisierung entstehenden Kosten. Ämter der Stadt Köln haben für die Klärung der konzeptionellen Fragen bereits ihre Unterstützung signalisiert, so z.B. Kids und der Denkmalschutz. Zu konkreten Vorschlägen müsste dann die Mitgliedschaft des Fördervereins
Beschlüsse zur Weiterverfolgung der Aktivitäten fassen. Diese Arbeiten sollten bis Ende 2014 möglich sein.
Schritt 5: Einwerbung der erkennbaren Finanzierungsbedarfe bei Investoren, Quartiersbewohnern und möglichen weiteren Unterstützern, evtl. auch aus öffentlichen Förder-programmen. Die Frage, ob diese „Hürde“ erfolgreich genommen werden kann, wird der Förderverein in 2015 zu klären versuchen. Damit verbunden müssen auch mögliche Sicherungs- bzw. Unterhaltungsfragen geklärt werden, was aber erst nach Abschluss des Schrittes 4 möglich ist.
Schritt 6: Die Realisierung kann sich zunächst auf einen Erinnerungsort konzentrieren; der Vorstand kann sich aber auch vorstellen, dass im Benehmen mit der GWG und der Stadt gleichzeitig im Freiraumbereich (outdoor) zwei Erinnerungsorte und im GWG-Neu- und Umbau auch einige an die Kinderheimzeit erinnernde Maßnahmen (indoor, z.B. mit den bunten Fensterteilen oder den vorhandenen Modellen/Schautafeln) möglich werden.
Wir können uns vorstellen, dass die Umsetzung eines Gesamtkonzepts zeitlich parallel zur Realisierung der großen Neubau- und Umbaumaßnahme der GWG entlang des Sülzgürtels möglich sein wird. Damit würde auch der preisgekrönte Wettbewerbsentwurf für das gesamte Quartier (Arch.Luczak) und das Baugruppen-Engagement des Hauses der Architektur, das der Neubebauung des Quartiers in Vielfalt sehr geholfen hat, genutzt und gewürdigt; das Gesamtkonzept überzeugt durch die unterschiedlichen Architekturen ebenso wie durch seine klare städtebauliche Orientierung am gewachsenen Stadtgrundriss und der Kirche als der dominanten Landmarke. Die Erinnerungsorte werden dann durch Gestaltung und Information hierzu einen Beitrag leisten, der alle Nutzer – die ehemaligen Bewohner und dort Arbeitenden wie die Neubewohner und die Park-orientierten Spaziergänger – mit der Stadtkultur des Ortes und seinen Beziehungen zum Stadtbereich Sülz-Klettenberg verbindet.
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Langzeitstudentin der Toleranz!