
Wie geht es uns heute! (Leben nach dem Heim)
Hallo,
Ich habe lange darüber nachgedacht was so alles über das Forum als Thema lief. Wie war es als Du das Heim verlassen hast? Wie geht es heute, wie lebt man in dieser Gesellschaft mit dieser Biographie und dem erlebten?
Ich werde mal anfangen und hoffe das auch andere sich zu diesem Thema melden,
Ich kam 1961 ins Heim und wurde 1978 entlassen. Leider gab es damals noch keine Verselbsständigungs Gruppe. Ich wurde dann nachmittags zum Da Costa gerufen, der mir dann ziemlich schnell klarmachte das ich bald 18 werde und sie mir eine Ausbildung ermöglicht hatten und ich nun entlassen sei. Da stand ich da. Wo hin? Keine Wohnung, keinen Arbeitsplatz kein Geld und keine Verabschiedung!
Also zog ich notgedrungen zu meiner Mutter, die mir eine Abstellkammer gab zum übernachten.
Trotz mehreren Bewerbungen u. a. bei der Stadt Köln bekam ich keinen Job. Ich ging zum Da Costa und sagte ihm ich bin noch keine 18 Jahre und würde wieder einziehen, Da Costa griff zum Telefon und sagte ich brauche für morgen einen Vorstellungstermin. Ich hörte nur das er sagte, das ist mir egal die muß hier raus. Am nächsten Morgen erfuhr ich worauf er so reagiert hat, die Sachbearbeiterin hatte gesagt ich habe nur einen Platz im sozialen Brennpunkt. Ich zog also am gleicen Tag wieder zu meiner Mutter. Als ich das erste Gehalt bekam sagte meine Mutter, ich bekomme dreihunder DM für unterkunft und essen.
Mir fehlten die Worte. Sie die nie etwas für mich (uns) getan hatte geschweige denn bezahlt hat wollte jetzt etwas von meinem ersten Geld.
Zwei Monate später zog ich eine kleine Wohnung, und dann begann mein Leben.
Später mehr.
Rosi
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Rosi

Wie geht es uns heute!
Hallo Rosi,
ein wahrhaft interresantes Thema was du da ansprichst. Die Heimentlassung dürfte noch bei manchen in Erinnerung bleiben.
Ich selber kann mich noch gut daran erinnern, wie ich per Schreiben von der Heimleitung aufgefordert wurde, dass Haus zu verlassen.
Aufgrund meiner Situation, dass ich keine Familienangehörigen mehr hatte und mich in Berufsausbildung befand durfte ich bis zum Ende der Berufsausbildung im Heim bei der Selbstverwaltungsgruppe bleiben. Ich war 22 Jahre als meine Ausbildung endete.
Seit dem Wechsel von der Gruppe Virnich zu den Selbstverwaltungsgruppe hätte ich eigentlich genug Zeit gehabt, mich auf die kommenden Dinge vorzubereiten. Ich glaube aber eher das ich dies damals Verdrängt habe oder noch nicht bereit war dies alles zu regestrieren.
Im Hinterkopf war das Heim mein "Elternhaus" in dem ich mich sicher und wohl fühlte, besonders in meinen späteren Jahren meines Heimlebens.
Und dann kam das was kommen musste in dem ich schriftlich dazu aufgefordert wurde das Heim zu verlassen. Im Schreiben wurde mir eine Frist gesetzt und es hieß auch darin nicht "Heimentlassung" sondern Kündigung Ihres Zimmers in der Selbstverwaltungsgruppe.
Da stand ich nun vor vollendeten Tatsachen. Unreif für das weitere Leben und nicht in der Lage wirklich für sich selber zu Sorgen. Kochen, Klamotten kaufen etc. waren nicht meine Probleme. Mein Problem damals war, sich mit Behörden auseinander zusetzten, die Rechte zu kennen und wichtige Erledigungen zu formulieren.
Es war für mich föllig ungewohnt zum Amt zu gehen mit der Bitte dies oder das an Antrag zu stellen oder zu ändern. Ich durfte auf einmal den Behördenangestellten sagen, dass dar was zu ändern oder zu regeln wäre wie z.B. nach dem Umzug den Personalausweis zu ändern. Normalerweise ist dies ein ganz normaler und selbstverständlicher Vorgang. Aber nicht für mich, wurde doch mir im Heim alle Erledigungen mit Behörden abgenommen. Hinzu kommt noch das man mir im Heim beibrachte keine Forderungen zu stellen.
Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich mit 18 Jahre die Einberufung zur Bundeswehr bekam. Für mich brach eine Katastrophe damals herein, da ich nicht in der Lage war dies zu regeln. Also erledigte das für mich die zuständige Sozialarbeiterin Frau Kamper. Zwei Telefongespräche von Ihr und die Angelegenheit war vom Tisch. (Ausgemustert wegen Schwerbehinderung)
Wegen der Heimentlassung war ich natürlich auch nicht in der Lage mir eine Wohnung oder Zimmer ausserhalb des Heimes zu besorgen. Hinzu kam noch das ich damals Arbeitslos war. Aber nach kurzer Aufklärung beim DaCosta hat die Heimverwaltung auch diese für mich schnell erledigt.
Ich zog damals in die Alzeyerstr. nach Bickendorf. Über eine Wohnbaugesellschaft hatte ich eine kleine Sozialwohnung erhalten. Ich fühlte mich dort überhaupt nicht wohl. Mittlerweile in Arbeit und auf Montage Deutschlandweit, wo ich auch immer am Arbeitsort schlief, war ich gottseidank mehr mit der Arbeit beschäftigt und fuhr immer Freitagsabends spät nach Hause. Somit war ich nur am Wochende in meiner Bude was die Situation erträglicher für mich machte.
Meine Mietnachbarn,eine hoch katolische deutsche Spießerfamilie,beschwerten sich reichlich über mich bei der Wohnungsbaugesellschaft. Denen störte das ich keine Gardienen am Fenster hatte und nie am Treppenhausputzen teilnahm. Schlisslich ginge man Sonntags zur Kirche und da will man ein sauberes Treppenhaus vorfinden. Einmal sprach mich der Herr dieser Familie an, dass dies so nicht weitergehen kann. Deutlich erklärte ich Ihm das ich nicht gewillt bin Samstags morgens die Treppen für seinen Kirchengang zu putzen wenn ich Freitagsabends spät von der Montage kommen würde. Das hat gesessen und zwei Wochen später bekam ich dann die Kündigung mit der Begründung das ich die Hausordnung im erheblichen Maße verletzen würde. Gardienen hätte ich gefälligst am Fenster zu hängen, So im Kündigungsschreiben...
Erst hier Begriff ich langsam wie der Hase wirklich in der großen weiten Welt läuft. Übrigens die Kündigung kam mir damals grade Recht, ich hatte schon längst eine neue Bleibe in Nippes gefunden.
In diesem Sinne euch allen ein schönes Wochenende
Klaus
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Es gibt immer einen Weg zu uns allen - wir müssen es nur wollen
Mit lieben Grüßen euer Klaus
Internet: http://www.kinderheim-Koeln-suelz.de
Verantwortlich und Kontakt: https://kinderheim-koeln-suelz.de/?page_id=28

Wie geht es uns heute!
Hallo Klaus,
ich kann mich dem voll anschließen wenn Du schreibst "da stand ich nun vor vollendeten Tatsachen .Unreif für das weitere Leben".
Ich glaube das es vielen von uns so geht,und trotzdem geht das Leben weiter. Was mir half war der Umstand das ich Menchen(Arbeitskollegen)kennen lernte die mich mochten und Akzeptierten. Sie nahmen mich viel mit z.B.auf Friedensdemos,in Biergärten zu sich nach Hause usw. Daran konnte ich wachsen.
Meine erste Wohnung (ich konnte mir nur so eine leisten) war dunkel,kalt und naß, so naß das kein Bild und keine Tapete an der Wand hängen blieb.
Bevor Ikea bei mir einzog hatte ich Möbel die keiner mehr wollte. Nach und nach kaufte ich mir dann das nötigste dazu.
Gesund Ernährung, da kann ich nur lachen,
Was macht man mit den ganzen Kohlköpfen?ect.
Ich kaufte mir als erstes Raviolie und Tomatenfisch. Erinnert ihr euch, die gab es früher ab und zu zum Abendessen, leider immer viel zu wenig für alle.
Jetzt konnte ich zu jeder tages und nacht Zeit in die Küche gehen und eine ganze Dose alleine Essen.
Viel später lernte ich dann das "Dosenfraß" nicht alles ist.
Heute lebe ich zusammen mit meiner Familie und mein Mann ist Hobbykoch was mir und meiner Seele oft gut tut.
Schluß für heute. Aber ich komme bald wieder!
Rosi
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Rosi
Wie geht es uns heute!
Hallo,
also ich war damals noch ganz klein und bin dann als ich c.a 3 oder 4 Jahre war aus dem Kinderheim Köln Sülz in eine Familie gekommen.In meiner neuen Familie gab es nur Probleme wir meine Schwester und ich sind immer als faule Eier die das Nest beschmutzen beschimpft worden und es war so einiges mehr.Als ich 13 Jahre alt war wurde ich ein 2 mal mit Polizei aus der Familie genommen worden und bin dann wieder ins Heim bis ich dann 18 Jahre alt war.So wie ihr das alle beschreibt so ging es mir zum Teil auch.Ich hatte mit 18 Jahren eine kleine Sozialwohnung war in einer Ausbildung und eigentlich überhaupt nicht reif für ein Selbstständiges Leben.Einmal kam mal eine Nachbarin rüber und fragte ob ich nicht mal so langsam die Fenster putzen will ich würde ja gar nichts mehr sehen.Da fing ich erst so langsam ein Bewusstsein zu entwickeln das man ja auch Fenster sauber machen muss,halt so alltägliche Dinge die eigentlich Selbstverständlich sind.Ich habe mich sehr schwer getan Selbstständig zu werden,habe es aber alles gelernt
Meine Ausbildung habe ich auch gut abgeschlossen mein Traumberuf Tischlerin und ich habs geschafft.Viele trauten mir das nicht zu aber mir war eigentlich immer klar,ich will mein Leben endlich leben und schaffe das auch.Jetzt habe ich selber Familie und Kinder und eigentlich kann ich jetzt sagen,das ich soweit zufrieden bin.
Liebe Grüße
Nadine
Wie geht es uns heute!
Hallo theothoni,
erst mal ganz lieben Dank
Ja du hast Recht eigentlich haben wir alles es gut hin bekommen und können Stolß darauf sein,weil die Umstände in denen wir gelebt haben nicht einfach waren und dennoch ist etwas aus uns geworden und wenn ich jetzt so darüber nach denke,muss ich oft lachen an meine erste Zeit alleine in meiner Wohnung.
Heute kann ich mir das gar nicht mir vor stellen weil jetzt einfach alles so Selbstverständlich klappt und man es im Griff hat.
Liebe Grüße
Nadine