Struktur des Heimes (Allgemein)

Koch @, Donnerstag, 10.02.2011, 09:26 (vor 5035 Tagen)

ich fühle mich genötigt, Stellung zu beziehen.
Grundsätzlich für alle Erzieher galt:
auch unter den Erziehern hat niemand damit geprahlt, dass er Kinder geschlagen hat, da es ja grundsätzlich verboten war. Wenn ein Kind sich beim Direktor beschwert hätte, hätte es sicherlich auch Konsequenzen gegeben. Der zuständige Sozialarbeiter für die Gruppe im Heim konnte ja schlecht Gerüchte weitergeben, und Zeugen, die klare Aussagen machten, gab es so gut wie nicht. Der Direktor hatte eine große Zahl von Gruppenleitern, deren Dienstvorgesetzter er war. Kontrollinstanzen oder -mechanismen waren noch nicht installiert. Damit war grundsätzlich eine Kontrolle der Tätigkeiten des einzelnen Erziehers erschwert.

Eine ehrliche Diskussion unter Fachleuten hätte auch ergeben, dass Schläge ein Beweis für eine erzieherische Kapitulation (oder für eine Überforderung/Überlastung) gewesen wären. Die heute übliche Fallsupervision war ein wenig bekanntes Fremdwort, in der Praxis gab es sie für die Gruppen noch nicht. Die zu große Gruppengröße war allen bekannt.

Aus meiner Sicht ist es ein generelles Problem der Heimerziehung, dass ich den Beruf des Heimerziehers nicht bis zur Rente ausführen kann: Die zusätzlich zum normalen Dienst geleisteten Nachtbereitschaften zehren sehr an den Kräften und die Problematiken der Kinder und deren Familien belasten den Erzieher in der Regel psychisch auf Dauer.
Den wenigsten Erziehern (meistens denen mit Studium) gelingt der Ausstieg aus der Heimerziehung, weil 1. selten eine Weiterbildung erfolgt ist, 2. die Berufsrichtung Heimerziehung sehr speziell ist und sich damit wenig berufliche Alternativen verknüpfen lassen, 3. weil die Erzieher ihren Lebensstandard an das hohe Niveau der Bezahlung (durch die Nachtbereitschaften) angepasst haben und dadurch finanziell nur sehr schwer in anderen Tätigkeiten ohne Nachtbereit-schaften bestehen können.
Diese Faktoren (es gibt bestimmt noch mehr) waren Teil einer Struktur, die Missstände möglich gemacht hat.
Schöne Grüße
Koch

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Struktur des Heimes

Klaus Grube ⌂ @, Hellenthal, Donnerstag, 10.02.2011, 10:54 (vor 5035 Tagen) @ Koch
bearbeitet von Klaus Grube, Donnerstag, 10.02.2011, 11:10

Danke Rolf,
vielleicht verstehen jetzt einige von Euch, dass es auch für Pädagogen im Heim zu Arbeiten nicht immer leicht war. Dies muss nicht umbedingt an den Kindern gelegen haben, sondern kann auch im privaten Bereich bei den Erzieher/innen gelegen haben. Frustation, schlechte Arbeitsbedingungen, Nachtbereitschaften und, und, und kann auch für Pädagogen eine nervige Belastung sein die sich unter ungünstigen Umstände auch auf die zu betreuenden Kindern übertragen konnte, was dann zu einer explosiven Erziehungsmethode führen kann.

Bei aller Kritik sollten wir eins bedenken alle die im Heim gearbeitet haben und es noch tuen sind Menschen mit Fehlern und Macken. Kein Pädagoge ist hunderprozentig und diesen Anspruch sollten wir nicht fordern. Jeder macht in seinen Leben Fehler.

Selbst einzelne Ungerechtigkeiten bei den "besten Pädagogen" kommen vor und sollten nicht überproportional marktschreierich auf die goldene Waage gelegt werden. Im Leben erfährt jeder schonmal die eine oder andere Ungerechtigkeit mit denen man einfach leben sollte. Ich meine damit nicht die Schläge oder Strafen die dauernd am Tag gelegt wurden, sondern die kleinen Dinge im altäglichen Leben.

Ich meine manchmal das einige hier diese kleinen Vorkomnisse viel zu wichtig nehmen und damit als Maß aller Dinge in den Mittelpunkt rücken. Dies finde ich nicht gerecht, da ich darin eine unangemessene Übertreibung sehe.

Bleiben wir menschlich, dann erleben wir auch gutes, im diesen Sinne...

Euer Klaus

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Es gibt immer einen Weg zu uns allen - wir müssen es nur wollen
Mit lieben Grüßen euer Klaus
Internet: http://www.kinderheim-Koeln-suelz.de
Verantwortlich und Kontakt: https://kinderheim-koeln-suelz.de/?page_id=28

Struktur des Heimes

ikarus @, Dienstag, 08.03.2011, 00:44 (vor 5010 Tagen) @ Koch

Hallo Rolf.Du beraubst mich gerade um eine große Illusion.War es nicht Berufung die Nonnen dazu trieb uns auf den Rechten Weg zu bringen?Dies haben einige der Erzieherinnen aus dieser Zeit auch oft betont.Mußten wir nicht Gott auf Knien Danken das wir überhaupt dort sein durften.Man hat sich alle Mühe gegeben das ich nicht werde wie mein Vater.Da weder ich noch die meinen Vater kannten stellt sich mir die Frage was hat man mir versucht auszutreiben.Habe meinen Vater jahre später kennengelernt.Er war sicher kein Paradebeispiel .Aber er war auch nicht das schreckgespenst das ich so lange in mir trug.Aus der Berufung wurde bei den jüngeren jahrgängen Idealismus.Mußte dieser nicht irgendwann in Frust umschlagen?Die alten Strukturen aufzubrechen oder wenigstens aufzuweichen war ein langjähriger Prozess. Ich hoffe das heutige System(Familiengruppen)erleichtert beiden "Parteien"das miteinander.lotti

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