Struktur des Heimes (Allgemein)
ich fühle mich genötigt, Stellung zu beziehen.
Grundsätzlich für alle Erzieher galt:
auch unter den Erziehern hat niemand damit geprahlt, dass er Kinder geschlagen hat, da es ja grundsätzlich verboten war. Wenn ein Kind sich beim Direktor beschwert hätte, hätte es sicherlich auch Konsequenzen gegeben. Der zuständige Sozialarbeiter für die Gruppe im Heim konnte ja schlecht Gerüchte weitergeben, und Zeugen, die klare Aussagen machten, gab es so gut wie nicht. Der Direktor hatte eine große Zahl von Gruppenleitern, deren Dienstvorgesetzter er war. Kontrollinstanzen oder -mechanismen waren noch nicht installiert. Damit war grundsätzlich eine Kontrolle der Tätigkeiten des einzelnen Erziehers erschwert.
Eine ehrliche Diskussion unter Fachleuten hätte auch ergeben, dass Schläge ein Beweis für eine erzieherische Kapitulation (oder für eine Überforderung/Überlastung) gewesen wären. Die heute übliche Fallsupervision war ein wenig bekanntes Fremdwort, in der Praxis gab es sie für die Gruppen noch nicht. Die zu große Gruppengröße war allen bekannt.
Aus meiner Sicht ist es ein generelles Problem der Heimerziehung, dass ich den Beruf des Heimerziehers nicht bis zur Rente ausführen kann: Die zusätzlich zum normalen Dienst geleisteten Nachtbereitschaften zehren sehr an den Kräften und die Problematiken der Kinder und deren Familien belasten den Erzieher in der Regel psychisch auf Dauer.
Den wenigsten Erziehern (meistens denen mit Studium) gelingt der Ausstieg aus der Heimerziehung, weil 1. selten eine Weiterbildung erfolgt ist, 2. die Berufsrichtung Heimerziehung sehr speziell ist und sich damit wenig berufliche Alternativen verknüpfen lassen, 3. weil die Erzieher ihren Lebensstandard an das hohe Niveau der Bezahlung (durch die Nachtbereitschaften) angepasst haben und dadurch finanziell nur sehr schwer in anderen Tätigkeiten ohne Nachtbereit-schaften bestehen können.
Diese Faktoren (es gibt bestimmt noch mehr) waren Teil einer Struktur, die Missstände möglich gemacht hat.
Schöne Grüße
Koch