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Tritte und Schläge bis zur Bewusstlosigkeit (Presseberichte)

Klaus Grube ⌂ @, Hellenthal, Samstag, 26.06.2010, 09:51 (vor 5325 Tagen)

Von Tim Attenberger, 26.06.10, Kölnische Rundschau

Es ist kein Geheimnis, dass Gewalt zu früheren Zeiten ein Erziehungsmittel in Heimen war. Auch der Einsatz von Psychopharmaka wurde nachgewiesen. Als Kernproblem machen Forscher eine Unterfinanzierung aus.

KÖLN - Von Tritten und Schlägen mit Teppichklopfern und Rohrstöcken bis hin zur Bewusstlosigkeit berichten Zeitzeugen, die zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs und den siebziger Jahren in den Jugendhilfe-Einrichtungen des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) untergebracht waren. Dass Gewalt damals in den Heimen ein gängiges Erziehungsmittel war, ist das Ergebnis einer gestern vorgestellten Studie, die fünf Wissenschaftler im Auftrag des LVR angefertigt haben.
Das Spektrum an Strafmethoden in den Heimen reichte von verbalen Ermahnungen bis zu körperlichen Übergriffen. Auch der Einsatz von Psychopharmaka, um Jugendliche ruhig zu stellen, konnte anhand einer Dokumentation von 1966 nachgewiesen werden. In den Akten finden sich diese Vorgänge jedoch nicht alle wieder. „Erst mit der Hilfe von Zeitzeugen konnte das richtig aufgedeckt werden“, so Forscher Uwe Kaminsky.

Untersucht wurden die Zustände in den sechs vom LVR getragenen Landesjugendheime Erlenhof in Euskirchen, Fichtenhai in Krefeld, Halfeshof in Solingen, Dansweiler Hof in Freimersdorf, Haus Hall in Ratheim sowie im Haus in Viersen. Außerdem beschäftigten sich die Wissenschaftler mit der Rolle des Landesjugendamtes als Aufsichtsinstitution für Heime konfessioneller Träger.

Herangezogen wurden neben einer umfangreichen Aktenrecherche Interviews mit Zeitzeugen. Insgesamt meldeten sich 230 Betroffene bei der eigens eingerichteten Telefonberatung. „50 Personen davon waren in LVR-Heimen untergebracht, die übrigen 180 in konfessionellen Einrichtungen“, erklärt Kaminsky. Im fraglichen Zeitraum hatten im Rheinland etwa 73 000 Jugendliche Kontakt mit Institutionen der öffentlichen Erziehung.

Als Kernproblem machten die Forscher eine Unterfinanzierung des Landesjugendamtes und der Einrichtungen aus. Insbesondere das Personal sei nur unzureichend qualifiziert gewesen. „Die Erzieher waren damals kaum geschult, es handelte sich zum Beispiel um ehemalige Postbeamte oder Offiziere“, so Kaminsky.

Als direkte Folge der damals noch laufenden Studie hatte sich der LVR bereits 2009 öffentlich entschuldigt. Zur Zeit werden zudem unabhängige Beratungsstellen für die eigenen Jugendeinrichtungen installiert, damit Betroffene auf aktuelle Missstände hinweisen können, ohne Repressalien fürchten zu müssen. Ein weiteres zentrales Thema werden nun Entschädigungen für die Opfer sein, für die im Dezember eine bundeseinheitliche Entscheidung getroffen wird. „Außerdem müssen wir uns mit Rentenansprüchen beschäftigen, die unter Umständen während der Zeit im Heim entstanden sind“, sagt LVR-Jugenddezernent Reinhard Elzer. Denn viele Jugendliche arbeiteten als Billiglohnkräfte auf Bauernhöfen oder in Industriebetrieben, oftmals sogar ohne Entlohnung.

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Mit lieben Grüßen euer Klaus
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